Die Deutsche Mark löst die Reichsmark ab
- Eine wirtschaftspolitische Betrachtung der Währungsreform in der Bizone -
Nachfolgend möchte ich beispielhaft dokumentieren und versuchen zu erklären, wie die im Rahmen der Währungsreform 1948 notwendige Einführung der neuen Deutschen Mark umgesetzt wurde und was dabei zu beachten
war.
Mir ist bewusst, dass dieses Thema nicht erschöpfend dargestellt wird, gleichwohl soll mein Beitrag einen kleinen Einblick in die Problematik der Umstellung von RM auf DM geben.
Besitzer von Geldwerten, insbesondere die Sparer, wurden durch die Währungsreform größtenteils enteignet.
Gewinner der Währungsreform waren die Eigentümer von Sachwerten.
Die Umstellung von Löhnen und Gehältern erfolgte 1:1.
Das Brutto-Durchschnittseinkommen 1948 betrug „jährlich 2219,00 DM (monatlich 184,92 DM)“[1].
Bezogen auf das Sammelgebiet Deutschland ergab sich für den Sammler der komplett sein wollte, aufgrund der Markenflut, gemessen am verfügbaren Einkommen, eine hohe finanzielle Belastung.
Abb. 1: Sammler Express, Fachblatt für Philatelie und andere Sammelgebiete, 2. Oktober-Heft 1948, Seite 305
Vorgestellt werden
- eine Postkarte, gelaufen als Einschreiben von München nach Krefeld (Abb. 1 und 2)
- ein Faltbrief, gelaufen als R-Ortsbrief innerhalb von Münster in Westfalen (Abb. 3 und 4)
- ein Faltbrief, gelaufen als Geschäftspapier (Rechnung) von Dreis-Tiefenbach nach Geisweid (Abb. 5)
- ein Faltbrief (Rechnung), gelaufen als Ortsbrief innerhalb von Essen/Westfalen (Abb. 6 und 7)
- ein Ortsbrief, gelaufen in Aachen (Abb. 8 und 9)
- eine Nachnahmekarte, gelaufen von Soltau nach Essel/Niedersachsen (Abb. 10 und 11)
- ein Faltbrief mit Absenderfreistempel, gelaufen als Drucksache von Hannover nach Bad Nenndorf (Abb. 12 und 13)
- ein Faltbrief als Drucksache, gelaufen innerhalb von Münster (Abb. 14 und 15)
- ein Faltbrief, gelaufen von Hann. Münden nach Aachen (Abb. 18 und 19)
- ein Ortsbrief als Zehnfachfrankatur, gelaufen innerhalb von Essen in Westf. (Abb. 20 und 21)
- ein Faltbrief mit Absenderfreistempel, gelaufen von Berlin C 2 (Ostsektor) nach Berlin-Schöneberg (Amerikanischer Sektor) (Abb. 24)
Umstellung 10 : 1 oder nicht – Das war die Frage
Absender der Postkarte ist die Universitätsbibliothek München, Empfänger die Firma Goecke und Evers, ein Verlag in Krefeld.
Vorderseitig wurden ein Aufgabestempel München 34 und ein Ankunftsstempel Krefeld 1 abgeschlagen.
Abb. 2:Vorderseite mit Noteinschreibezettel „ 13 b München 34 und Ak-Stempel Krefeld - Rückseite
Postgebührenberechnung:
Postkarte Inland = 12 Pfennig
Einschreiben = 60 Pfennig
72 Pfennig
Die Karte ist portorichtig frankiert.
Sicherlich sind R-Postkarten häufig anzutreffen, allerdings wesentlich seltener als R-Briefe.
Aus meiner Sicht bedingen sie gegenüber R-Briefen einen höheren Aufschlag zur normalen Bewertung nach aufgebrachter Frankatur.
Interessant ist der Beleg, weil er ein Beispiel für eine zu beachtende Regularie bei der Umstellung von der alten RM-Währung auf die neue DM-Währung im Rahmen der Währungsreform dokumentiert.
Warum zog die Universitätsbibliothek München alle vor dem 20.6.48 aufgegebenen Bestellungen zurück?
Bestimmungen über die Umstellung von RM auf DM ergaben sich u.a. aus dem Gesetz Nr. 63, Drittes Gesetz zur Neuordnung des Geldwesens (Umstellungsgesetz) vom 20. Juni 1948.
Grundsätzlich war nach § 16 dieser Rechtsgrundlage eine Abwertung 10:1 vorzunehmen, d.h. für 10 RM waren 1 DM zu berechnen:
„§ 16 Umstellung der Reichsmarkverbindlichkeiten auf Deutsche Mark.
(1) Die Reichsmarkforderungen werden grundsätzlich mit, der Wirkung auf Deutsche Mark umgestellt, daß der Schuldner an den Gläubiger für je zehn Reichsmark eine Deutsche Mark zu zahlen hat“
Das alte Reichsmarkguthaben der Universitätsbibliothek München erlosch aber abweichend davon als sogenanntes Altgeldguthaben der Gruppe III gemäß des § 1 in Verbindung mit § 9 dieses Gesetzes mit Beginn der Währungsreform.
Zu welchem Zeitpunkt und in welcher Höhe auch immer die neue Währung der Universitätsverwaltung zur Verfügung stand, kann sicherlich nur vermutet werden.
Die Beantwortung der Frage nach dem Grund der Stornierung der Bestellungen dürfte sich aus den §§ 18 und 20 des Gesetzes Nr. 63 ergeben:
„ § 18 Sonderregelung für bestimmte Reichsmarkverbindlichkeiten.
(1) Folgende Reichsmarkverbindlichkeiten werden in Abweichung von § 16 [Gemeint ist, wie schon erläutert, dass der Schuldner an den Gläubiger für zehn Reichsmark je eine Deutsche Mark zu zahlen hat; d. Autor] mit der Wirkung auf Deutsche Mark umgestellt, daß der Schuldner für jede Reichsmark eine Deutsche Mark zu zahlen hat:
.........2. Verbindlichkeiten aus Kaufverträgen und Werkverträgen, wenn und soweit die Gegenleistung vor dem 21. Juni 1948 noch nicht bewirkt war,.......
§ 20 Rücktrittsrecht bei Lieferverträgen. (1) Der Schuldner einer unter § 18 Abs. 1 Ziff. 2 fallenden Geldschuld kann bis zum 10. Juli 1948 vom Vertrage zurücktreten.“
Somit war es also dringend erforderlich, alle vor dem 20.6. 48 aufgegebenen und noch nicht erfüllten Bestellungen, bis zum 10.7.48 zu stornieren.
Nicht immer lief die Stornierung einer vor der Währungsreform veranlassten, am 21.6.1948 aber noch nicht ausgeführten Bestellung, problemlos ab, wie der Inhalt des nachfolgenden ersten Faltbriefes dokumentiert:
Abb. 3: Vorderseite mit Noteinschreibezettel „21 a Münster Westf.) 1 P“ und Rückseite und Text des Faltbriefes
Der Brief ist leider etwas stockfleckig.
Drei bereits am 11.5.1948 bestellte „Postalia“- Freistempel-Frankiermaschinen waren bis zum 21.6.1948 noch nicht geliefert worden. Die vom Besteller vorgenommene Stornierung ist wohl vom Lieferanten nicht akzeptiert worden.
So zerbrach eine vor der Währungsreform sicherlich gute Geschäftsbeziehung. Auf Anrede und Gruß wurde in der Mitteilung verzichtet.
Der Lieferant hatte nach meiner Einschätzung sicherlich spekuliert und gehofft, erst nach einer Währungsreform die bestellten Freistempelmaschinen, natürlich für Zahlung in der neuen Währung 1:1, liefern zu können.
Vor dem 21.6.1948 wurden Sachwerte gehortet, der Schwarzmarkt blühte. Es war erstaunlich, was ab dem 21.6. für die neue DM plötzlich verfügbar war.
Der Faltbrief ist mit 16 Pfennig ermäßigter Gebühr für einen Ortsbrief und 60 Pfennig für Einschreiben portorichtig frankiert:
1 x 42 II = 16 Pfennig
1 x A 49 II = 60 Pfennig
76 Pfennig
Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, die vor der Währungsreform erbracht, aber erst nach der Währungsreform bezahlt wurden, waren mit 10 : 1 in DM zu begleichen.
Vor dem 21.6.1948 wurden Sachwerte gehortet und der Schwarzmarkt blühte. Es war erstaunlich, was ab dem 21.6. für die neue DM plötzlich verfügbar war.
Abb. 4: Faltbrief mit handschriftlicher Datumsangabe von Samstag, dem 19.6.48
Der Brief ist als Geschäftspapier zu 16 Pfennig mit einer 42 II portorichtig frankiert.
Als Aufgabestempel wurde „Dreis-Tiefenbach – Kreis Siegen – 22.6.48“ abgeschlagen.
In Rechnung gestellt wurden am 11.6.48, also somit vor der Währungsreform, geliefertes Baumaterial zu 149,00 RM.
Bezahlt wurden davon ein Zehntel in DM.
Der folgende Brief zeigt ein weiteres Beispiel.
Diesmal wurde allerdings ein Teil der vereinbarten Leistung vor und die restliche, überwiegende Leistung, nach der
Währungsreform erbracht:
Abb. 5: Vorderseite des Faltbriefes mit einer 42 I als Ortsbrief innerhalb Essens gelaufen - Innerer Text des Faltbriefes mit Aufgabestempel vom 16.7.48
Datum der Rechnung über die Reparatur an einem Krad ist der 12. Juli 1948.
Ausweislich dieser Rechnung wurden für Arbeiten am 25.5.48 zehn alte RM zu einem Zehntel mit einer neuen DM und für die restlichen Arbeiten des 6. und 7. 7 48 insgesamt 47,80 DM berechnet.
Das Rechnung war formal so korrekt und sicherlich auch von der Reparatur-Werkstatt in Essen so gewollt, denn § 16, Abs. 1 des Gesetzes Nr. 63 (Umstellungsgesetz) regelte ja, wie bereits schon von mir erwähnt, dass der Schuldner an den Gläubiger für zehn Reichsmark je eine Deutsche Mark zu zahlen hatte.
Ebenso wie Besitzer von Sachwerten diese möglichst für das neue Geld verkaufen wollten, waren Dienstleister natürlich bemüht, möglichst viel in der neuen Währung in Rechnung zu stellen.
Warum sollte man eine Leistung vor der Währungsreform erbringen, diese in RM berechnen und nach der Währungsreform zu lediglich 1/10 in DM bei der Umstellung angerechnet bekommen?
Obwohl offiziell erst am 18.6.1948 die Gesetze zur Währungsreform verkündet wurden, war schon vorher erkennbar, dass eine neue Währung die alte RM ablösen würde.
„Das große Geheimnis war in der Ostberliner Zeitung „Neues Deutschland“ vom 20.Januar 1948 nachzulesen..............“Wir können hierzu ergänzend mitteilen, dass am 8. Dezember [Gemeint ist der 8.12.1947, d. Autor] in Bremerhaven ein US-Dampfer entladen wurde, der Kisten des neuen ,bizonesischen´ Geldes an Bord hatte..........“[2]
Ein weiterer Beleg zeigt, dass man als Zahlungspflichtiger andererseits natürlich bemüht war, vor der Währungsreform erbrachte Leistungen entsprechend auch nur mit einem Zehntel in der neuen Währung abzurechnen:
Abb. 6: Vorderseite des Faltbriefes und Innenseite mit Text
Der Brief lief im Ortsverkehr Aachen und wurde zu 16 Pfennig für einen Brief bis 20 g mit einer 42 II portorichtig frankiert.
Der Aufgabestempel weist „Aachen– 20.8.48-14“ als Abschlag auf.
Im Text wird vom Absender, einem Treuhandbüro,darauf hingewiesen, dass ein Objekt größtenteils vor der Währungsreform fertiggestellt wurde und somit eine Abrechnung dieses Leistungsanspruches nur mit 1/10 des alten RM-Anspruches in der neuen DM-Währung erfolgen könne.
Nachfolgend stelle ich eine Nachnahmekarte mit Aufgabestempel vom 30.7.48 vor.
Die Karte ist mit 12 Pfennig für Postkarte Inland und 40 Pfennig für Nachnahme mit einer 40 I und einer 47 II portorichtig
frankiert.
Absender dürfte ein Vollstreckungsbeauftragter gewesen sein, der auf der Rückseite der Karte einen Vermerk aufgedruckt hat, dass
vor dem 20.6.1948 in RM vorhandene und nachgewiesene Guthaben bzw. geleistete Zahlungen nicht, auch nicht mit einem Zehntel,
angerechnet werden können.
Abb. 7: Nachnahmekarte – Vorderseite mit Aufgabestempel „Soltau 30.7.48- 10" - Rückseite
In Reichsmark vor der Währungsreform bereits gezahlte Steuervorauszahlungen wurden zu 1/10 bei der Veranlagung angerechnet; Sozialversicherungsbeiträge waren gemäß § 23 des Gesetzes Nr. 63, Drittes Gesetz zur Neuordnung des Geldwesens (Umstellungsgesetz) vom 20. Juni 1948 in der neuen DM-Währung zu entrichten, wenn die einbehaltene Lohnsteuer bereits ebenfalls in DM erfolgte:
„§ 16 . Sozialversicherung. …........Beiträge zur Sozialversicherung hat ein Versicherter von dem Tag an, zu dem zum ersten Male für ihn Lohnsteuer in Deutscher Mark einbehalten wird, zu demselben Nennbetrag in Deutscher Mark zu leisten, wie bisher in Reichsmark............“
Abb. 8: Faltbrief mit Absenderfreistempel als Drucksache mit 6 Pfennig portorichtig frankiert -
Innenseite des Faltbriefes
Abb. 9: Faltbrief mit Absenderfreistempel als Drucksache mit 6 Pfennig portorichtig frankiert -
Innenseite des Faltbriefes mit Hinweis auf Anrechnung von 1/10 der 1. Vierteljahresrate
Bürger mit Geldvermögen – Die Verlierer der Währungsreform
Wie verlief aber die Umstellung bei den Bürgern, die noch im Besitz von Reichsmark waren?
Wie ich schon anmerkte, wurden die Besitzer von Geldwerten, insbesondere die Sparer, durch die Währungsreform fast komplett enteignet.
„Die Währung war nicht 10:1 abgewertet worden.Von einhundert Reichsmark blieben nur 6,5 übrig.“[3]
Zunächst wurden als sogenanntes Kopfgeld 40,00 DM und später nochmals 20,00 DM gegen alte RM im Verhältnis 1 : 1 ausgegeben.
Gesetzliche Grundlage hierfür war Gesetz 61 (Erstes Gesetz zur Neuordnung des Geldwesens), Zweiter Abschnitt, § 6.
Das restliche Altgeldvermögen musste gemäß § 10 des Gesetzes Nr. 61 bis zum 26.6.1948 angemeldet werden, weil es ansonsten wertlos wurde und verfiel:
„ § 10. Das am Tage des Inkraftretens dieses Gesetzes im Währungsgebiet vorhandene Altgeld ist …......bis zum 26. Juni 1948 abzuliefern und anzumelden. Die Versäumung dieser Frist zieht grundsätzlich den Verlust aller Ansprüche aus den abzuliefernden Altgeldnoten und den anzumeldenden Altgeldguthaben nach sich.
Abb. 10: Kassenzettel über den Umtausch einer Kopfpauschale von 180 RM in 120 DM für 3 Personen
Abb. 11: Blick in eine Umtauschstelle, Schreibtische mit Bündeln von Reichsmark-Geldscheinen - Bundesarchiv, Bild 147-0739 / CC-BY-SA -
Anhand des nachfolgend vorgestellten Faltbriefes kann beispielhaft der Verlust an Sparvermögen nachvollzogen werden:
Abb. 12: Vorder- und Rückseite des Faltbriefes - Innenseite des Faltbriefes
Der Beleg ist als Drucksache portorichtig mit einer 37 I frankiert.
„Am 27. Juni 1948 erfolgte dann der drastische Schritt von 10 : 1, wovon allerdings 50% auf Festkonten blockiert blieben. Davon wurden am 10. Juli 1948 nochmals 70 % gestrichen [Gesetz Nr. 65, Viertes Gesetz zur Neuordnung des Geldwesens, § 1.a, d. Autor] so daß von 100 RM letztlich 6,50 DM übrigblieben“[4]
Der Besitzer des Kontos auf dem vorgestellten Brief verfügte über ein Altguthaben in Höhe von 13.716,20 RM.
Davon verblieben letztendlich nur noch 891,55 DM.
Des weiteren ist zu berücksichtigen, dass der Betrag des Kopfgeldes in Höhe von 60,00 DM den Besitzern von Barguthaben für jeden Familienangehörigen bereits gemäß § 4 des Umstellungsgesetzes grundsätzlich voll angerechnet und gekürzt wurde, und zwar 1 : 1 bei Auszahlung des Kopfgeldes, somit also in Höhe von je 60,00 RM und weitere 540 RM auf dem Abwicklungskonto:
§ 4 Anrechnung der Kopfbeträge und der Geschäftsbeträge. ….............Demgemäß vermindert sich der Anspruch auf Umwandlung von Altgeldguthaben in Neugeldguthaben:
a) zum Ausgleich der Kopfbeträge
um je fünfhundertvierzig [60 Reichsmark, wie ja von mir schon ausgeführt, waren bereits bei Entgegennahme des ersten Kopfgeldes in Höhe von 40 D-Mark zu zahlen, d. Autor] Reichsmark für den Inhaber des Reichsmark-Abwicklungskontos und für jede Person, die zu seiner Familie gehört,................
Nachfolgend möchte ich noch einen Ortsbrief, gelaufen als Zehnfachfrankatur in Essen, vorstellen:
Abb. 13: Vorder- und Innenseite mit Text des Faltbriefes
Der Beleg wurde als Zehnfachfrankatur mit Marken der II. Kontrollratsausgabe wie folgt freigemacht:
5 x 947 = 60 RPf
1 x 954 = 40 RPf
1 x A 956 = 60 Rpf
160 RPf
Zu einem Zehntel gerechnet ergeben sich somit 16 neue Pfennig als ermäßigte Gebühr im Ortsverkehr für einen Brief bis 20 g.
Als Aufgabestempel wurde „Essen ce 21.6.48-20“ abgeschlagen.
Der Brief lief nach Essen-Kettwig in ein Kinderheim.
Wie aus dem Text erkennbar ist, teilt ein Vater seiner Tochter die anzumeldenden alten RM-Beträge mit, geht dabei noch von einem Umtausch von 10 : 1 des gesamten Betrages aus und weist seine Tochter auf den 26.6.48 hin, zu dem das Altguthaben spätestens angemeldet werden musste, hin.
Berlin – Die Stadt mit 2 Währungen
Obwohl am 16. Juni 1948 die sowjetische Delegation aus der Alliierten Kommandatur Berlins auszog, erklärten die drei westlichen Stadtkommandanten am 18. Juni 1948, dass eine Währungsreform in Berlin nicht beabsichtigt wäre.
Begründet wurde dies mit dem besonderen Status der Stadt, der Verwaltung durch vier Besatzungsmächte.
Erst am 1. Juli 1948 erfolgte durch Oberst Kalinin, dem Vertreterder der sowjetischen Seite, die Erklärung, dass die Sowjets nicht mehr an den Sitzungen des Allierten Kommandantur teilnehmen würden.
Zwischenzeitlich wurde am 23. Juni 1948 durch die sowjetische Seite mit Befehl Nr. 111 eine eigene, für die SBZ und Groß-Berlin gültige, Währungsreform ab 24. Juni 1948 bekanntgegeben.
Ebenfalls am 23.6.1948 verneinten die 3 Westmächte die Gültigkeit der Währungsreform der SBZ und des sowjetischen Sektors für die 3 Westsektoren Berlins.
Mit Wirkung ab 25. Juni 1948 erfolgte dann die Einführung der DM-West in den 3 Westsektoren Berlins.
Die Ostmark blieb aber weiterhin gültiges Zahlungsmittel in den Westlichen Sektoren.
Alleiniges gesetzliches Zahlungsmittel in Ost-Berlin und Ostdeutschland, wurde sie in West-Berlin weiter toleriert.
Es existierten also zwei Währungen.
Die D-Mark diente für den offiziellen Geldverkehr, die Ostmark war eine Art Nebenwährung.
Erst am 20. März 1949 wurde die Westmark zum alleinigen Zahlungsmittel in den Westsektoren erklärt.
Der täglich schwankende Kurs beider Währungen zueinander entwickelte sich rasch zu Gunsten der D-Mark.
Den legalen Devisenhandel übernahmen Wechselstuben, die von den West-Alliierten dafür die Erlaubnis erhielten.
Der Handel in den Wechselstuben begann am 2. August 1948 mit 2:1. Das heißt, 1 Westmark wurde für 2 Ostmark gekauft und für 2,20 Ostmark verkauft.
Am 18. März 1950 betrug der Wechselkurs 8,80 Ostmark im Ankauf und 9,00 Ostmark im Verkauf.
Eine der zahlreichen Wechselstuben befand sich am Potsdamer Platz, unmittelbar vor der Grenze zum sowjetischen Sektor, im Britischen Sektor:
Abb. 14: Kursheft der Wechselstube am Potsdamer Platz für den Zeitraum ab August 1948 bis September 1952 mit Tages-Ankaufskurs (1.Wert in der Zeile) und Tages-Verkaufskurs (2. Wert in der Zeile) und zusätzlich den für
steuerlich relevante Umrechnungen maßgeblichen monatlichen Amtlichen Steuerkursen in der untersten Zeile
Abb. 14: Andrang vor der Wechselstube am Wittenbergplatz in Berlin-Schöneberg (Amerikanischer Sektor) - Bundesarchiv, Bild 146-1982-181-20 / CC-BY-SA
Selbstverständlich wurde aufgrund der starken neuen Westwährung, falls möglich, Zahlungsverpflichtungen in Ost-Mark statt in D-Mark nachgekommen.
Abb. 15: Kfz-Steuerbescheid, des Hauptfinanzamtes Börse in Berlin C 2 (Ostsektor) an einen Steuerpflichtigen mit Wohnsitz in Berlin-Schöneberg (Amerikanischer Sektor) und Vermerk, dass die Steuern in Ost-Mark gezahlt werden sollen, portogerecht frankiert als Drucksache mit 6 Pfennig - Absenderfreistempel vom 9.7.48
[1]Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Durchschnittsentgelt(Abruf am 10.07.2017)
[2]Werner Meyer: 20.6.1948 Währungsreform – Das neue Geld ist da, Seite 14, Verlagsgruppe Weltbild GmbH, Augsburg 2005
[3]Werner Meyer: 20.6.1948 Währungsreform – Das neue Geld ist da, Seite 12, Verlagsgruppe Weltbild GmbH, Augsburg 2005
4]Günter Klein: Vor 50 Jahren:Währungsreform in der Bizone, Festschrift zum Briefmarken-Salon „50 Jahre Währungsreform“ im Berliner Rathaus am 27. und 28. Juni 1998, Seite 34