Den folgenden Beitrag schrieb ich in einem Rundbrief der "Arbeitsgemeinschaft Alliierter Kontrollrat", wurde aber darauf
hingewiesen, dass ich mich geirrt hatte.
Meine Einordnung der vorgestellten Seite als Teil eines Posteinlieferungsbuches war falsch.
Es handelte sich um einen Auszug aus einem Annahmebuch.
Aufgabe von Postsendungen nach Schalterschluss
- Die Verwendung von Provisorien zur Verrechnung am Beispiel einer Späteinlieferungsgebühr -
Briefmarken werden nicht ausschließlich zur Freimachung von Postsendungen verwendet.
„Briefmarken, eigentlich als Quittungszettel für den Transport einer postalischen Sendung gedacht, wurden schon immer, auch innerhalb der Postverwaltungen, für andere Zwecke genutzt, sei es zur Verrechnung von Neben- und Schreibgebühren oder als monetärer Ersatz im nicht postalischen Bereich..........Da die Postverwaltungen ja keine „Gebührenmarken“ hergestellt haben, war dies eine der Möglichkeiten, anfallende Gebühren in einfachster „ Arbeitsweise“ als Einnahmen verbuchen zu können.“[1]
Vorgestellt wird nachfolgend die Seite eines Posteinlieferungsbuches, die im August 2017 für 175,00 € beim Auktionshaus Christoph Gärtner (Bietigheim-Bissingen) angeboten wurde.
Abb. 1 und 2: Rück- und Vorderseite der Listenseite eines Einlieferungsbuches aus August 1948
Einlieferungsbücher werden benutzt, um den Nachweis der Abgabe (Einlieferung) gewisser Sendungen zu dokumentieren.
Die Verwendung der Einlieferungsbücher macht, im Gegensatz zum Nachweis durch einzelne Einlieferungsscheine, insbesondere bei gleichzeitiger Einlieferungen mehrerer Poststücke Sinn.
Die Bescheinigung einer Einlieferung in den Schalterstunden ist, im Gegensatz zu einer Einlieferung nach Schalterschluss, kostenlos.
Eine für den Gültigkeitszeitraum der Provisorien (21.6 – 19.9.1948) Erhebung von Gebühren bei Späteinlieferung ergibt sich aus der Postordnung vom 30. Januar 1929 und deren ergänzenden Vorschriften:
§ 32 Zeit der Einlieferung
…......
VIII Gestatten es die örtlichen Verhältnisse, so nehmen Postanstalten Einschreib- und Wertsendungen, gewöhnliche Pakete und, sofern sie Telegraphenbetrieb haben, auch telegraphische Postanweisungen auch außerhalb der Schalterstunden an.......... Für jede Sendung kann vom Absender eine Einlieferungsgebühr erhoben werden. Die näheren Bestimmungen hierüber erläßt die Post.
Allgemeine Dienstanweisung für das Post- und Fernmeldewesen
Abschnitt V, 2
$ 32 Zeit der Einlieferung - § 9 Buchen der Sendungen
Werden Einschreib-, Wert oder Paketsendungen, telegraphische Postanweisungen oder telegraphische Zahlkarten außerhalb der Postschalterstunden angenommen, so sind sie in die für gewöhnlich benutzten oder in besondere Briefzuschreibebücher, Annahmebücher oder Einzahlungslisten einzutragen. Die Einlieferungsgebühr ist in der Spalte „Bemerkungen“ oder in der letzten Spalte der Annahmebücher usw. neben dem Eintrag durch Freimarken zu verrechnen, die sofort zu entwerten sind..........
Abb. 3: Vergrößerung des Einlieferungsnachweises nach Schalterschluss vom 11.8.48
Für die Abgabe der Sendungen nach Schalterschluss wurden 3,20 DM erhoben, unter Berücksichtigung der links eingetragenen 8 Einlieferungsnummern 205 bis 212 somit 8 x 40 Pfennig.
Die Einlieferung erfolgte am 11.8.48, somit wurde die Verrechnung mit Freimarken in richtiger Höhe vorgenommen.
Die Marken ( 6 x 48 II und 2 x 36 II) wurden mit Stempel „Walkenried 11.8.48 – 17“ entwertet.
Mit Datum 12.8.48 wurde, vermutlich durch einen dafür berechtigten Bediensteten, die Berechnung der Spätgebühr in roter Schrift abgezeichnet.
Da die Verwendung der Provisorien auf den Zeitraum vom 21.6.48 bis 19.9.48 begrenzt war, dürften derartige Belege nicht häufig vorliegen.
Besonders interessant, mir aber nicht bekannt, wären nachgewiesene Spätgebühren der Bizone als Zehnfachfrankatur mit Datum 21.6.1948 bzw. 22.6.1948.
In der Philatelie lernt man eben nie aus.
Ich finde es toll, wenn erfahrene "Postler" oder Sammler sich zu Wort melden und sachlich korrigieren:
"Die Abbildungen 1 und 2 zeigen nicht einen Ausschnitt aus einem Posteinlieferungsbuche, sonder Vorder- und Rückseite von Blatt
12 eines Annahmebuchs ... Es handelt sich also nicht um ein Einlieferungsbuch, dessen Eigentümer der Absender ist, sondern um ein
Annahmebuch mit innerbetrieblichen Aufzeichnungen eines Postamts. Genauer gesagt ist es ein Vereinigtes Annahmebuch, in dem
der Annahmebeamte summarisch die gewöhnlichen Inlandspakete, unversiegelten Wertpakete und eingeschriebenen Sendungen und
einzeln die gewöhnlichen Auslandspakete, Wertbriefe, und versiegelten Wertpakete einzutragen hatte."2
Des Weiteren wird aus § 9 der ADA V.2 zitiert:
Werden Einschreib-, Wert- oder Paketsendungen , telegraphische Postanweisungen oder telegraphische Zahlkarten außerhalb der Schalterstunden angenommen, so sind sie in die für gewöhnlich benutzten oder in besondere Briefzuschreibebücher, Annahmebücher oder Einzahlungslisten einzutragen. Die Einlieferungsgebühr ist in der Spalte "Bemerkungen" oder in der letzten Spalte der Annahmebücher usw. neben dem Eintrag durch Freimarken zu verrechnen, die sofort zu entwerten sind.
"Annahmebücher gehören zu den Betriebsinterna der Post, die eigentlich nicht das Licht der Öffentlichkeit erblicken durften. .. Daraus ergibt sich die Seltenheit erhalten gebliebener Annahmebücher oder Teilen davon."3
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[1]Salzmann, Hans-Werner, Gebührenverrechnung auf Formularen – wozu deutsche Briefmarken noch verwendet wurden -, morgana-Edition, Berlin-Schönefeld 2017, Seiten 9 und 10
[2] Hilmert, Christian: Aufgabe von Postsendungen nach Schalterschluss - Rundbrief 50 der Arbeitsgemeinschaft Alliierter Kontrollrat, 1 - 2019, Seite 76
[3] Hilmert, Christian: Aufgabe von Postsendungen nach Schalterschluss, a.a.O., Seite 77