Das Hannover-Institut des G. Thiemann-Groeg
- Eine Auswanderer-Agentur der besonderen Art –
Der nachfolgend vorgestellte Beleg ist als Faltbrief-Drucksache wahrlich nichts Besonderes, wenn man nur Frankatur und Stempel betrachtet.
Abb. 1: Vorderseite des Faltbriefes als Drucksache, portorichtig frankiert mit einer 37 I – Gestempelt „(20 a) Hannover 2 b 05.8.48.-20“
Aber schon der vorderseitig abgeschlagene private Absenderstempel weckt Interesse.
Der vorgedruckte Textinhalt des Briefes wirft weitere Fragen auf.
Abb. 2: Textinhalt des Briefes
Was war das Hannover-Institut und wer war G. Thiemann-Groeg?
Recherchen im Internet und ein Zeitungsartikel helfen da weiter.
G. Thiemann-Groeg, eigentlich nur Georg Thiemann, hatte viele Jahre in der damals dem Deutschen Kaiserreich unterstellten Kolonie Deutsch-Südwestafrika gelebt. Im Laufe seines Lebens änderte bzw. ergänzte er seinen Namen, indem er Groeg (Georg rückwärts geschrieben) statt Thiemann bzw. G. Thiemann-Groeg benutzte.
Abb. 3: G. Thiemann-Groeg (1881 – 1953)
Nähere Erklärungen über Entstehung und Zweck des Hannover-Instituts des G. Thiemann-Groeg ergeben sich unter anderem aus einem Artikel der Zeitschrift „DER SPIEGEL“ aus dem Jahre 1948.
„… Schließlich trainierte er als Leiter des Kolonialmuseums und einer ´kolonialen Schulungsstätte´ Techniker für den Afrikadienst.
Der Krieg ließ vom Kolonialmuseum nur einen Haufen Schutt übrig. In der Ruine des Hinterhauses [gemeint ist die Jägerstr. 4 in Hannover, die durch Luftangriffe der Alliierten nahezu zerstört wurde; der Autor] richtete Thiemann sein Afrika-Institut ein, …
… Von diesem Hinterhaus aus will Thiemann deutsche Techniker nach der Südafrikanischen Union evakuieren. Mehr als eine Million 1550-Kalorien-Deutscher haben ihr Fernweh schon zu Protokoll gegeben. …Die exportfähigen Spezialisten hat er besonders aufgeführt. Bei Juristen, Kaufleuten, Beamten und Lehrern winkt er ab.“[1]
Diese Art des „Exportes“ von Spezialisten einer Nation, die unter den Folgen des verlorenen Krieges und ihrer wirtschaftlichen Folgen litt, wurde durch die Sowjetische Besatzungsmacht kritisiert.
„Aus dem sowjetischen Blätterdschungel schoß die ,Prawda´ einen Giftpfeil Richtung Hannover. ,Unter dem Firmenschild scheinbar anständiger Institutionen und Organisationen werden Werbe-Basen und geheime Treffpunkte für den Abschaum faschistischer Spelunken in Bizonesien eingerichtet.´ …Im allgemeinen galt der Pfeil den Bemühungen …deutsche Wissenschaftler und Spezialisten zu demontieren. Im besonderen dem Hannoverschen Institut des Kolonialwissenschaftlers Georg Thiemann-Groeg.“[2]
[1]Aus „Export deutscher Klassemenschen – Thiemanns Dackel beunruhigt“, Der Spiegel, 2. Jahrgang, Nr. 15 vom 10. April 1948, Seite 6
[2] Aus „Export deutscher Klassemenschen – Thiemanns Dackel beunruhigt“, a.a.O., Seite 6